Salomons S/LAB SPECTUR

Der High-Perfomance Carbon-Temposchuh für die breite Masse im WEMOVE-Test

Reden wir über die „eierlegende Wollmilchsau“. Und stellen eine provokante Frage: Hat Salomon mit dem S/LAB SPECTUR das Unmöglich geschafft – und jenen Laufschuh gebaut, der das läuferische Pendant zu ebenjener legendären „Wollmilchsau“ ist? Also dem Universaltool für alles und jedes? Dem handlich-kleinen Werkzeug, das für absolut jeden Einsatz taugt? Robust, massiv und federleicht zugleich? Billig aber höchstwertig? … und so weiter. Kurz: Das Ideal. Das Hosentaschen-Taschenmesser – mit Wagenheber.

Aufs Laufen umgelegt ist die „eierlegende Wollmilchsau“ ein Schuh, mit dem man auf überall endlos, komfortabel und ermüdungsfrei laufen kann. Ein Schuh, der Lauftechnikfehler verzeiht, alle Fuß- und Beinstellungen liebt, Halt, Stütze und Führung bietet, Auftrittsenergie verlustfrei in Beschleunigung verwandelt – und gleichzeitig bequem, weich und superleicht ist. Und, das vor allem, schneller macht. Viel schneller. Auf der Langstrecke ebenso, wie im Sprint. Jeden und jede: Den Profi, die Olympiastarterin – und den Marathon-Hobbyläufer im vierten Startblock.

Beschreibt man die Aufgabe, das Problem so, ist rasch klar: Diesen Schuh gibt es nicht. Punkt.

Doch weil der Kunde König ist, stellt sich niemand seinen Wünschen in den Weg: Wenn der 45-jährige Hobbyläufer, der den Halbmarathon in zwei, den Marathon in vier-ein-viertel Stunden schafft, einen „schnellen Schuh“ will, geht er mit dem 500-Euro-Schuh von Eliud Kipchoge nach Hause. Glücklich. Danach aber wundert er sich, dass er (im besten Fall nur) kaum schneller wird. Oder, im schlechtesten, Waden- und andere Probleme bekommt.

Woran das liegt? Ein Gleichnis: Wer mit einem millionenteuren Formel 1-Boliden zur Arbeit und zum Einkaufen fährt, steht genauso im Stau – und bringt nicht die kleinste Einkaufstasche unter. Wieso? Weil das Auto für einen anderen Zweck gebaut wurde.

Bei Laufschuhen ist es ebenso: Die teuren Superschuhe von Kipchoge & Co. überfordern „Normalos“. Unser Laufen, unsere Biomechanik, Auftritt- und Abrollmuster sehen anders aus, als jenes der Elite: 96 Prozent aller Marathonläuferinnen und Läufer brauchen für die 42,195 Kilometer deutlich länger als drei Stunden. Die Durchschnittszeit bei der/dem Wien-Marathon-Finisher:in liegt bei 4:11 – da hat die Weltspitze schon lange geduscht und gefeiert.

Dass Eliuds fast vier Zentimeter hohes Carbonkatapult unter meinem Fußballen, seine Sohle, die nach 100 Kilometern „durch“ ist, für mich nicht das Gelbe vom Ei ist, klingt schlüssig. Nur: Was wäre „Plan B“? Gibt es den Schuh, der auch dem „Normalo“ den Carbon-„Bumms“ spüren lässt, uns schneller und dynamischer macht – aber dennoch mit der Art wie Hobbyläufer:innen laufen kompatibel ist? Weil – nur zum Beispiel – „Normalos“ oft mit der Ferse aufsetzen: bei den spitz zulaufenden Heckpartien der Elite ist das eine wackelige, instabile Sache…

DER SPECTUR

Bei Salomon hat man sich mit genau diesen Fragen intensiv auseinandergesetzt. Die Antwort ist der S/LAB SPECTUR. Ein mit 235 Gramm wirklich leichter Carbon-High-Performance Schuh für Freizeitläufer und Freizeitläuferinnen. Ein Schuh, der – betont man bei Salomon – eben KEIN abgespeckter Elite-Laufschuh-Kompromiss ist, sondern von Grund auf neu und für Hobbyläuferinnen und -läufer entwickelt wurde. Mit jenen Ingredienzien, die auch die Weltspitze schnell macht. Aber eben anders.

Und so punktet der S/LAB SPECTUR zwar mit der „Schaukelstuhl“-Abrollcharakteristik moderner Elite-Schuhe, aber eben mit in einer für Hobby-Athleten laufbaren Dynamik und Intensität. Er hat eine Sohle, die sich in Aufbau, Dämpfung und Geometrie an der Weltspitze orientiert, aber dennoch immer beachtet, dass es einen Unterschied macht, ob jemand mit 14 km/h (für Sub 3 am Marathon) oder einer 6’er- oder 5’30“er-Pace läuft. Und der daher auch eine Ferse hat, bei der „normales“ Auftreten unbedenklich ist. Ein Schuh, der Spaß macht und etwas bringt, wenn man im Training die eigene Laufeffizienz verbessert hat und nun, am Wettkampftag, die eigene PB knacken will – aber eben nicht um Gesamtsieg oder Olympiaqualifikation kämpft: Der SPECTUR spricht diese Zielgruppe an. Er definiert sich als High-Performance-Schuh für die Masse – und steht dazu.

Freilich: Behaupten kann man das schnell. Und auf den Begleitzettel eines Testschuhs lässt sich viel texten. Aber stimmt es auch?

Ich bin den „Spectur“ in den letzten Wochen recht ausführlich gelaufen. Knackige Intervalle ebenso, wie zügige Dauerläufe, Tempowechselläufe, gemütliche Longruns und Läufe über 25 und mehr Kilometer in (meinem) Wettkampftempo.

Mein Fazit? Ich will den weißen Salomon mit der anfangs etwa klobig wirkenden Ferse nicht mehr missen. Ok, beim superentspannten Sonntagslongjog mit dem WEEKLY LONG RUN im Plaudertempo war er zwar angenehm zu laufen, aber unterfordert. Doch sobald das Tempo nur ein bisserl fordernder wurde, spürte ich einen echten Unterschied: Den „Carbon“-Bumms, die Dynamik des „Katapults“, in der Sohle nämlich.

Doch im Gegensatz zu allen Elite-Temposchuhen, die ich schon probieren durfte, eben genau in jener Dosierung, die ein ambitionierter Normalo wie ich (55 Jahre alt, 77 Kilo, Halbmarathon derzeit um die 1:45) braucht und verträgt – und das auch über lange Strecken: Bei „Eliteschuhen“ gehen meine Waden ab etwa 14 Kilometern danach für ein paar Tage in den Protest-Krankenstand. Obwohl ich mich für halbwegs fit halte …

Kurz: Wenn es – in meinen Dimensionen – „flott“ sein soll, ist der SPECTUR perfekt. Er kommt, um zu Anfang zurückzukommen, der „eierlegenden Wollmilchsau“ sehr sehr nahe.

Wieso nur nahe? Erstens: Weil Spitzenathlet:innen dann doch anders laufen – und auch weiterhin andere Schuhe brauchen werden.
Und zweitens, weil ich auch Anfängerinnen und Anfängern – oder Personen mit ausgeprägtem Pronations-Thema – ich diesen Schuh nicht als Erst- oder einzigen Schuh empfehlen würde: Für den grundlegenden Konditionsaufbau- und lockere Grundlagenläufe, um Lauftechnik zu erlernen, oder um einen sauberen Laufstil zu kultivieren und einzuüben, gibt es andere Schuhe. Weil dieses Einstiegs-Laufen (noch) nichts mit Schnell-werden-können zu tun hat: Das kommt früh genug. Je besser man sich vorbereitet, umso eher.

Aber dann, sobald nach den Einsteiger-„schaffe ich das überhaupt?“-Bedenken dieser Tempo-Ehrgeiz kommt, ist es Zeit, ist man reif für diesen Schuh: Den S/LAB SPECTUR. Denn aus dieser Perspektive, mit diesem Fokus und für diese (tatsächlich riesengroße) Zielgruppe ist der SPECTUR tatsächlich so etwas wie die laufschuhgewordene Version der eierlegende Wollmilchsau.

Test und Text: Tom Rottenberg

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